Einleitende Bemerkung
Während es an Darstellungen zur bayerischen Geschichte insgesamt und zu ihren einzelnen Epochen nicht mangelt, ist eine umfassende und wissenschaftliche Geschichte der bayerischen Volksvertretung, und zwar sowohl des Alten Landtags vor 1800 wie des modernen Parlaments im 19. und 20. Jahrhundert, noch nicht geschrieben, ja in vielen Teilen auch noch nicht einmal erforscht. Der Grund dafür liegt nicht im Desinteresse der bayerischen Historiker oder in deren enger Bezogenheit auf die "Haupt- und Staatsaktionen", sondern in den Schwierigkeiten, die die Darstellung einer viele Jahrhunderte umfassenden Einrichtung bietet, die nur in enger Verbindung mit der allgemeinen Geschichte und nur aus ihrer Zeit heraus jeweils verstanden werden kann. Um so nötiger erscheint heute die Beschäftigung mit der Geschichte dieser Institution, da längst klar geworden ist, daß neben den großen Ereignissen, die die Geschichte unseres Landes bestimmt haben, vor allem die inneren Entwicklungen der Gesellschaft das konkrete Leben der Menschen, oft mehr als die äußeren Geschehnisse, geformt haben: denn gerade für das konkrete innere Leben sind der Landtag, seine Tätigkeit und seine Auseinandersetzungen stets ein Spiegelbild gewesen.
Um für künftige Forschungen und eine spätere Gesamtdarstellung eine Grundlage zu schaffen, hat der Lehrstuhl für Bayerische Geschichte an der Universität München maßgebliche Historiker des Mittelalters und der Neuzeit zu einer Tagung eingeladen, auf der für wichtige Bereiche aus der Geschichte des Bayerischen Landtags der jetzige Stand der Kenntnisse und die Aufgaben künftiger Forschungen umrissen, vorgetragen und diskutiert wurden. Die Referate und Diskussionen dieser Tagung werden hier im Druck vorgelegt. Sie stellen, wie sich aus ihrer Intention ergibt, nicht schon selbst eine Geschichte des Bayerischen Landtags dar, wollen auch ältere Darstellungen nicht ersetzen, sondern die wissenschaftlichen Grundlagen klären, die einmal eine gültige historische Aufarbeitung ermöglichen sollen.
Dafür haben sich eine Anzahl von Referenten aus dem Bereich der Universitäten und Archive sowie als Tagungsteilnehmer eine große Zahl von Historikern und wissenschaftlich Interessierten in aktiver Teilnahme zur Verfügung gestellt. Die Leitung der Tagung erfolgte, neben dem Unterzeichneten, durch die Professoren Busley, Glaser und Volkert. Ausgerichtet im äußeren Ablauf wie in der Redaktion der Beiträge wurde die Tagung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studentinnen und Studenten des Instituts für Bayerische Geschichte an der Universität München, wobei Frau Elisabeth Lukas-Götz und Herr Martin Ott besonders hervorzuheben sind. Ihnen allen gebührt für die Teilnahme und die intensive Mitarbeit unser Dank.
Ganz besonders ist dem Herrn Präsidenten des Bayerischen Landtags zu danken, der sich nach einer ersten Anfrage sofort bereiterklärt hat, die Tagung in den historischen Räumen des Bayerischen Landtags, im Senatssaal des Maximilianeums, stattfinden zu lassen, sie auch finanziell zu fördern und durch seine persönliche Anwesenheit zu ehren. Herr Regierungsdirektor Kurt Müller und Frau Brigitta Junker haben mit großem Engagement die Durchführung der Tagung und ihre Dokumentation gesichert. Auch für die Aufnahme der Beiträge in die Schriftenreihe des Landtags haben wir sehr zu danken.
Die vorliegende Schrift umfaßt die bei dieser Tagung gehaltenen Referate, denen ein Beitrag über den Bayerischen Senat sowie einer über die Landstände in süddeutschen Territorien hinzugefügt wurden; jeder Aufsatz ist in sich abgeschlossen und mit den nötigen Nachweisen sowie Literaturangaben versehen. Dokumentiert wurde dann auch die Diskussion in ihren wichtigsten Ergebnissen. Eine Einleitung zur Geschichte des Landtags und ein Anhang mit einer Quellenübersicht über den Alten Landtag sowie einem Repertorium zu den staatlichen Akten für den Landtag im 19. und 20. Jahrhundert runden den Band ab; eine systematisch gegliederte Auswahlbliographie soll den Interessenten Informationen zur Weiterarbeit vermitteln.
Möge dieser Band das Interesse an der Geschichte des Bayerischen Landtags und wissenschaftliche Arbeiten dazu fördern helfen.
Walter Ziegler