Landstände (Landschaft) des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit

Seit ungefähr 1300 entwickelten sich im Herzogtum Bayern Landstände, bestehend aus den drei Kurien Ritterschaft, Prälaten und Städte. Die Stände waren die dem Herzog, später Kurfürst gegenüberstehende Vertretung des Landes. In ihrer Gesamtheit nannten sie sich „Landschaft“. Ihre Mitglieder waren in den „Landtafeln“ verzeichnet.

Die Stände traten in Landtagen zusammen. Im Spätmittelalter und im 16. Jahrhundert fanden zahlreiche Landtage statt, im 17. Jahrhundert versammelte sich die gesamte Landschaft nur noch dreimal, zuletzt 1669. Für die Wahrnehmung landständischer Interessen zwischen den einzelnen Landtagen und auch nach dem letzten Landtag sorgten kleinere Vertretungsgremien. Ausschüsse sind seit 1429/30 bezeugt. Ab 1514 bis zum Ende der Landschaft 1808 führte die laufenden Geschäfte die Landschaftsverordnung.

Im spätmittelalterlichen Bayern bestanden analog zur Aufteilung des Landes Landstände in jedem der Teilherzogtümer. Erst nach der Wiedervereinigung Bayerns 1505 wurde eine einheitliche bayerische Landschaft gebildet, die jedoch in ihrer Verwaltung eine Trennung in Ober- und Niederbayern beibehielt.

Zentrales Recht der Landschaft war bis zu ihrem Ende 1808 die Bewilligung der Steuer. Die Landschaft verfügte dazu seit dem 16. Jahrhundert über einen eigenen Behördenapparat. Die Landstände konnten sich auch erhebliche Vorrechte, vor allem im Bereich der Gerichtsbarkeit sichern. Diese Privilegien waren in 64 Freiheitsbriefen enthalten, die die bayerischen Herzöge zwischen 1311 und 1565 den Ständen gewährten.

Landtage waren ein formalisierter Dialog zwischen Fürst und Ständen, wobei dieses Verfahren sich im Laufe der Zeit immer weiter verfeinerte. Dies bedeutete, dass die schriftlich vorgebrachten Forderungen der einen Seite zunächst von der anderen Seite beraten wurden, bevor dann eine Antwort erstellt wurde, auf die wieder eine Gegenantwort erfolgte.

Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Landtagsprotokolle und weitere Aktenstücke zur Geschichte der Landschaft im Druck herausgegeben. Diese Quellenwerke sind vom editionstechnischen Stand mittlerweile überholt, dennoch aber weiterhin unverzichtbar.

Spätmittelalterliche Landtage (1429-1513)

Der Geheime Referendär im Finanzministerium, Franz von Krenner (1762-1819), gab zwischen 1803 und 1805 die „Baierischen Landtagshandlungen in den Jahren 1429 bis 1513“ heraus. Seine Edition deckt damit die letzte Epoche der bayerischen Teilherzogtümer nach dem Straubinger Erbfall und die Anfangsjahre des wiedervereinigten Herzogtums ab.

Krenner schöpfte aus der landesfürstlichen Überlieferung, konkret dem Geheimen Landesarchiv, während das Archiv der damals noch bestehenden bayerischen Landschaft ihm verschlossen blieb. Er versuchte, das Handeln der Landschaft in jener Zeit möglichst lückenlos zu dokumentieren. Seine Edition enthält daher ein breites Spektrum an Quellentypen: Protokolle von Land- und Ausschusstagen, Rechnungen, Mandate und weitere Quellen zur Geschichte der Zeit. Krenner erwähnt auch Landtage, von denen er keine Originalquellen fand.

Im Vorwort zum ersten Band kündigte Krenner Supplementbände an, in denen er neu aufgefundenes Material publizieren wollte. Dabei dachte er besonders an die Archive der Klöster, deren Aufhebung gerade im Gange war. Diese Ergänzungsbände erschienen jedoch ebenso wenig wie die von Krenner geplante Edition der älteren Landtage, beginnend mit dem Schneitbacher Rittertag von 1302 bis 1428.

Frühneuzeitliche Landtage (1514-1669)

Zwischen 1802 bis 1807 erschienen anonym neun Bände unter dem Titel „Der Landtag im Herzogthum Baiern“, die die Landtagshandlungen der Jahre 1514 bis 1669 enthalten, genauer die Landtage der Jahre 1514, 1515, 1516, 1542, 1543, 1557, 1568, 1605, 1612 und 1669. Die Bände erschienen unsystematisch, beginnend mit dem Landtag von 1605. Bandzählungen sind nur fingiert. Es sind zwar alle Landtage des 17. Jahrhunderts, aber nur sieben von 37 des 16. Jahrhunderts ediert.

Nach 1669 fand kein Landtag mehr statt. Die Aufgabe der Landrepräsentation übernahm bis zur Aufhebung der Landschaft 1808 die Landschafts-Verordnung.

Diese Edition wurde vielfach Franz von Krenner (1762-1819) zugeschrieben. Tatsächlich aber war die Landschaft selbst der Herausgeber. Sie verfolgte damit – wenige Jahre vor ihrem Ende 1808 – auch politische Zwecke. Die Edition beschränkt sich mit wenigen Ausnahmen auf die Protokolle der Landtagsverhandlungen. Ausschusstage sind nur wenig enthalten.

Mit der Edition der Verhandlungen der bayerischen Landstände des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit liegt ein umfangreiches Quellenmaterial vor, das für zahlreiche Belange der Politik-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte Bayerns von großer Bedeutung ist. Neben den Diskussionen über die großen politischen Fragen und zu einzelnen Sachproblemen, die in den Gremien der Landstände bzw. des Landtages behandelt wurden, liefern die Protokolle zahlreiche Hinweise zur Geschichte der politischen und gesellschaftlichen Eliten Bayerns sowie auch zur Geschichte einzelner Orte des Landes.

>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek.